Die Flamenco-Gitarre, bzw. der Flamencogitarrist hatte in Vergangenheit immer Probleme mit der Lautstärke. Wurde die Flamenco-Gitarre (guitarra flamenca) als Begleitinstrument für cante (Flamenco-Gesang) und baile (Flamenco-Tanz) eingesetzt, war sie gegenüber den lauten taconeos (perkussive Fußarbeit) der bailaoras (Flamenco-Tänzerinnen) und bailaores (Flamenco-Tänzer) und den zum Teil kräftigen Stimmen der cantaores (Flamenco-Sänger) immer zu leise.
Vom guitarrero (Gitarrenbauer) wurde deshalb verlangt, ein lautes Instrument zu bauen, vom guitarrista (Gitarrist), dass man ihn hört. Von den guitarreros (Gitarrenbauer) wurde das Problem dahingehend gelöst, das sie Instrumente mit höhenlastigem, brillantem Anschlag bauten, in den mittleren Frequenzen sehr laut, fast ohne Bässe und einem Ton, der ein sehr kurzes „Attack“ (Pegelanstiegszeit) und aber auch dafür ein sehr kurzes „Decay“ (Abklingzeit) hat.
Die Flamenco-Gitarre spricht sofort an, da sie sehr leicht gebaut ist. Die Wandstärke von Decke, Boden und Zargen ist um einiges dünner als bei der Konzertgitarre. Eine gutklingende Flamenco-Gitarre kann nicht mit einer Konzertgitarre verglichen werden.
Alles weitere musste der tocaor (Flamencogitarrist) beisteuern. Im Laufe der Zeit eigneten sich die Flamenco-Gitarristen ein sehr lautes, kräftiges toque (Gitarrenspiel) an, das bis in die heutige Zeit geblieben ist, obwohl die elektronische Verstärkung inzwischen auch im Flamenco verbreitet ist. Bei allen Anschlags-Techniken wird nahe am puente (Steg) gespielt. Egal ob rasgueo (rasgueado), picado, arpegio, tremolo, der Ton ist immer sehr brillant und trocken. Dazu später mehr.
Guitarrero = Gitarrenbauer - Guitarrista / Tocaor = Gitarrist
Quelle: Schule der Flamencogitarre von Graf-Martinez
Schon bevor Don Antonio Torres (1817-1892) Gitarren baute, zu Zeiten des Café cantante, gab es im Flamenco die sogenannten guitarras de tablao. Sie wurden aus heimischen Hölzern gebaut, die billiger waren, als die edlen Tropenhölzer aus 'America Latina'. Torres war nicht nur der Erfinder der heutigen Gitarre, sondern der erste Gitarrenbauer, der begann, zwischen Flamenco-Gitarre und Klassischer Gitarre zu differenzieren.
Die Flamenco-Gitarre ist um einiges leichter als die Konzertgitarre. Das liegt nicht nur am Zypressenholz, sondern auch wie schon erwähnt, an der dünneren Wandstärke von Boden, Zargen und Decke. Auch bauen heute noch viele Gitarrenbauer ihre Flamencogitarren weniger tief wie die Konzertgitarren, d.h. die Zargen der Flamenco-Gitarre sind bis zu 2 - 3 cm schmäler, als die der Konzertgitarre. Zu behaupten, dass eine echte Flamenco-Gitarre anstelle der Mechanik clavijas (Holzwirbel) haben muß, oder dass sich dies sogar am Klang der Gitarre bemerkbar macht, ist glatter Unsinn.
Quelle: Schule der Flamencogitarre von Graf-Martinez
Zwischen der Flamenco-Gitarre und der Konzert-Gitarre besteht ein großer Unterschied in der tocabilidad (Saitenlage und Bespielbarkeit). Am Griffbrett sind die Saiten nicht mehr so tief gelegt wie früher, da viele Flamenco-Gitarristen sehr konzertant spielen und dieses Schnarren, oder Anschlagen der Saiten auf den Bünden, nicht erwünscht ist. Viel entscheidender ist die Steghöhe, oder genauer gesagt, der Saitenabstand zur Decke. Viele Flamenco-Gitarristen messen den Abstand mit einer Zigarette. Fällt sie zwischen Decke und Saiten durch, ist der Saitenabstand zu hoch. Andere sind der Meinung, dass die Zeiten vorbei sind, in denen die Flamenco-Gitarre nur als Begleitinstrument fungierte. Sie verlangen einen höheren Saitenabstand zur Decke, da die tiefe Saitenlage kein konzertantes Spiel zuläßt, weil man mit den Nägeln oft auf die Decke aufkommt.
Quelle: Schule der Flamencogitarre von Graf-Martinez
Viele Gitarrenbauer verwenden bei ihren Flamenco-Gitarren eine völlig andere Deckenkonstruktion, als bei Konzertgitarren. Manche verwenden für Boden und Zargen palosanto. Trotzdem klingen diese Gitarren „muy flamenco“. Optisch unterscheiden sie sich nur durch den golpeador von der Konzertgitarre.
Ob nun für die Decke Fichte tapa de pinabete oder Zeder tapa de cedro verwendet wird, ist letztendlich Geschmacksache des Gitarristen, oder bleibt der Philosophie des Gitarrenbauers überlassen. Bei manchen Gitarrenbauern kann man wählen, andere verwenden ausschließlich Zeder, oder Fichte.
Die Zederndecke klingt etwas hölzerner, nasaler, die Fichtendecke ist brillanter und kräftiger im Ton. Das beste Beispiel für den Zederndecken-Sound ist die Ramirez von Manolo Sanlúcar.
Für die Bestandteile der Gitarre werden folgende Hölzer verwendet: Für die Decke, pinapete, pino abeto, abeto alemán (deutsche Fichte), oder (kanadische Zeder). Für Boden und Zargen Zypresse aus Spanien oder Marokko, diese Gitarre wird „blanca“ (weiss - da die Zypresse ein helles Holz ist) genannt, oder (ostindisches oder Rio-Palisander), diese wird „negra“ (schwarz - Palisander ist ein dunkles Holz) genannt. Für den Hals (Honduras-Zeder, auch Zigarrenschachtelholz genannt). Für das Griffbrett und Steg (Ebenholz) und für die Bebalkung Fichte und Zeder.
Quelle: Schule für Flamenco Gitarre von Graf-Martinez
Tonholz
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Die Gitarren hecho de mano (handgearbeitet) sind aus madera macizo (Massivhölzer). Es ist erstaunlich, mit welch einfachen Werkzeugen, auch heute noch, diese Qualitätsinstrumente gefertigt werden. Der Lack (barniz), meistens goma laca (Schellack) wird oft noch, vom guitarrero selbst, per Hand aufgetragen. Andere, meistens die Großen, lassen in einer Lackierwerkstatt den Schellack, oder auch Zweikomponentenlack mit der pistola (Spritzpistole) aufgetragen.
Neben den guitarras hecho de mano gibt es auch noch die sogenannten guitarras de fábrica (Fabrikgitarren, Gitarren-Manufakturen), oder guitarras de Valencia. In der Region um Valencia gibt es sehr viele Gitarrenfabriken, oder größere Manufakturen, die Flamencogitarren der unteren Preisklasse produzieren. Auch sogenannte Flamencogitarren (Preisklasse unter 1.000 €), die aber meisten aus madera contrachapeada (Sperrholz) gefertigt sind. Dass es sich hierbei um Gitarren handelt, mag niemand bestreiten, ob sich aber darunter eine Flamencogitarre finden lässt, die „flamenco“ klingt, erscheint mir fast unwahrscheinlich.
Aber, viele dieser Werkstätten, bauen auch Gitarren der mittleren Preisklasse, die, unter Berücksichtigung des Preis-Leistungs-Verhältnisses, zum Teil nicht schlecht sind. Einige große Namen lassen auch ihre billigeren Modelle nach ihren Konstruktionsplänen in Valencia fertigen, die dann im taller (Werkstatt) des maestros, oder im Handel verkauft werden. Manchmal findet sich unter diesen Gitarren ein Instrument, das möglicherweise besser klingt als manche primera clase.
Quelle: Schule für Flamenco Gitarre von Graf-Martinez
Welche Flamenco-Gitarre nun die Beste ist, möchte ich unter den vielen wirklich guten Gitarrenbauern nicht beurteilen. Natürlich ist man dazu geneigt, sich immer an die großen Namen zu halten. Aber ich hatte von weltweit bekannten guitarreos auch schon sehr schlechte „pistolitas“ in der Hand, oder, bei einem unbekannten Gitarrenbauer, der irgendwo in der Sierra Morena noch mit viel Liebe und großem handwerklichem Geschick seine Instrumente baut, eine phantastische „cañón“ entdeckt.
Ein wesentlicher Aspekt ist, aus welcher Region die Gitarre stammt, bzw. aus welchem Klima sie „herausgerissen“ wird. Ein altes Sprichwort sagt: „La guitarra de Granada suena (klingt) en Granada, la guitarra de Sevilla suena en Sevilla". Eine aus Málaga, das an der Küste liegt, wird den ersten Winter, aufbewahrt in einem für uns normal beheizten Raum, wo es keine Seltenheit ist, dass die relative Luftfeuchtigkeit unter 40 % sinkt, ohne Risse im Holz nicht überstehen.
Einer Gitarre aus Madrid schadet dies nicht, da es in Madrid sehr trocken ist. Allerdings gibt es mit dieser, wenn es zu feucht ist, klangliche Probleme. Dies bezieht sich glücklicherweise nur auf die ersten sieben Jahre. Die Zahl 7 spielt eine nicht unwesentliche Rolle, d. h. nach sieben Jahren hat sich die Gitarre einigermaßen akklimatisiert. Auf Gitarren, die in einer klimatisierten Werkstatt gebaut werden, trifft dies natürlich nicht zu.
Quelle: Schule für Flamenco Gitarre von Graf-Martinez
Conde Hermanos - Modell: Media Luna
Korpus, Bodenbalken, Fächerbalken einer Conde Hermanos.
Conde
Conde mit geöffneter Decke
Conde mit geöffnetem Boden
Conde ohne Decke, Zargen, Boden
Guitarrero (spanisch) ist der Gitarrenbauer - Gitarrero ist eine deutsche Wortkreation - existiert aber weder in der spanischen noch sonst in einer Sprache. Naiverweise werden hier in Deutschland Gitarristen mit diesem Unwort bezeichnet.
Flamencogitarre = guitarra flamenca
Gitarre = guitarra
Gitarrist = guitarrista
Flamencogitarrist = tocaor
Gitarrenbauer = guitarrero
Flamencogitarre Zypresse = guitarra blanca
Flamencogitarre Palisander = guitarra negra
Bespielbarkeit = tocabilidad
Kapodaster = cejilla
handgemacht = hecho de mano
Werkstatt = taller
Saiten = cuerdas
Saitenspannung = tensión
Schallloch = boca
Korpus (Gitarre) = caja
Unterricht
Inhaber
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